Ich geb‘s zu – ich bin ratlos. Seit ich versucht habe, mich zu positionieren und meine Nische zu finden, irre ich herum. Ich find die verdammte Nische nicht. Immer dann, wenn ich geglaubt habe, sie zu finden, wird es mir nach einer Weile zu einseitig. Und je mehr ich versucht habe, mich in dieser Ecke einzurichten und mich darüber zu definieren, desto anstrengender wurde es.
Und deswegen stimmt dieser Blog auch nicht mehr wirklich. Im Untertitel steht, ich bin Autorin. Ja, ist ja auch nicht gelogen. Aber eben nicht die ganze Wahrheit. In der Personenbeschreibung steht ja auch nicht nur „trägt Schuhgröße 38“. Und ein Bäcker rollt auch nicht nur täglich seine Teigstücke aus.
Und ich mag nicht mehr nur über das Warum des Lebens schreiben und versuchen, Probleme zu lösen. Darauf soll man als Blogger ja geeicht sein – die Probleme der Leser herausfinden und Woche für Woche darauf herumkauen. Als gäbe es nichts anderes mehr in der Welt. Ich mein, kannst du das? Immer das gleiche Thema mit jemanden bereden? Eben. Irgendwann wird es langweilig und dir graut vor dem nächsten Kaffeeklatsch, wenn es wieder nur um das Eine geht.
Ich trag das schon eine Weile mit mir herum, dass ich mir einen Schuh angezogen habe, der anfängt zu drücken. Und gleichzeitig überlege ich natürlich, was es denn dann ist. Wie ich meinen Blog umgestalten muss, was ich für eine Botschaft habe.
Und dann taucht sie auf. Die Lücke.
Ich mag einfach nicht jeden Tag das gleiche machen. Hab ich echt mal geglaubt. Schreiben. Cool, jeden Tag stundenlang dasitzen und Bücher schreiben. Ist ne Zeitlang auch mal ganz berauschend. Bis es zum Zwang wird. Weil ich mich festgelegt habe.
Und so gesehen hatte das noch nie geklappt in meinen vergangenen Jahrzehnten. Eine Weile war ich davon überzeugt, etwas gefunden zu haben, mit dem ich den Rest meines Lebens ausfüllen würde, und zack kam was dazwischen. Hat alles umgeworfen. Wollte ich nicht mehr. Ging nicht mehr. War etwas anderes plötzlich interessant.
Und inzwischen frage ich mich, warum ich mich überhaupt festlegen muss. Wieso ich mir einen Plan erstellen soll, der mir sagt, wo ich in 5 Jahren bin? Das mag bei anderen klappen, bei mir nicht. Was weiß ich, was in der Zeit alles passiert … Also soweit hab ich die Erfahrungen in meinem Leben bisher kapiert, dass ich NIE wusste, was 5 Jahre später war. Und meistens war das dann auch okay.
Und mittlerweile weiß ich wenigstens, dass gerade das das Spannende am Leben ist. Immer die Chance, wieder von vorn anzufangen. Oder zumindest Kurskorrekturen vorzunehmen. Denn egal, ob ich angestellt oder selbständig bin, wenn ich weiß, was ich die nächsten Jahre in regelmäßiger Ausschließlichkeit machen werde … Also nee, das ist mir nix.
Also, momentan ist Lückendasein angesagt. Altes weg oder steht noch rum und wird demnächst weggepackt. Und ich weigere mich mit Händen und Füßen, mich jetzt hinzusetzen und einen Plan aufzustellen, was ich alles genau ändern muss und wie ich mich darzustellen habe. Damit ich auch ja gleich die nächste Zielgruppe ansteuere.
Ich hab mich mal baumeln lassen. Fand es plötzlich okay, wenn ich nicht wusste, wo es hingehen soll. Denn der Nebeneffekt von dieser mir früher verhassten Orientierungslosigkeit ist: alles ist möglich. Und manchmal poppt überraschenderweise ein Gedanke auf, der bisher noch nicht da war. Eine Idee, die ich dann auch gleich ausprobiert habe. Und in den meisten Fällen war das eine ziemlich erfreuliche Angelegenheit!
Eigentlich gäbe es ja so viel zu tun. Das ganze Social Media-Dingens, mit dem ich mir einen Stempel aufgedrückt habe. „Das bin ich – in 5 bis 7 Worten“. Ich hab da keinen Spaß mehr dran. Es macht mich zur Marke, und nicht mehr zum Menschen. Manchmal suche ich schon nach dem Label im Nacken, vielleicht ist mir ja so ein Babberle inzwischen von selbst rausgewachsen, damit andere auf den ersten Blick sehen, was ich bin.
Ich ändere das auch um. Aber was dann genau stimmt, weiß ich jetzt noch nicht. Das kommt mir dann spontan, wenn ich nicht zu sehr drüber nachdenke. Das muss noch in mir reifen. Und solange es mir nicht einfällt, mache ich mich nicht mehr verrückt. Und wenn das Ganze inzwischen ein wenig durcheinander und unperfekt aussieht, jo mei – das ganze Leben ist doch so, oder?
Entspannte Grüße!
Sybille
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